Linz – Die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) zur geplanten 110-kV-Freileitung im Mühlviertel sorgt für massive Kritik. Bürgerinitiativen und Rechtsexperten sprechen von einem unfairen Verfahren und orten Amtsmissbrauch. NEOS OÖ fordern eine transparente, faire UVP mit ernsthafter Prüfung der Erdkabel-Alternative. Zudem wird von Dr. Wolfram Proksch, Verfassungsjurist und Rechtsvertreter von Verfahrensparteien, eine Strafanzeige wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch durch die bewusste Beschneidung fundamentaler Verfahrensrechte vorbereitet.
„Das bisherige UVP-Verfahren ist eine demokratiepolitische Farce“, kritisiert Karin Doppelbauer, stv. NEOS OÖ-Landessprecherin. „Die betroffenen Bürger:innen haben ein Recht auf ein faires Verfahren. Stattdessen erleben wir kurzfristig angesetzte Verhandlungstermine, ignorierte Fristen und eine einseitige Begünstigung der Projektwerber. Das ist inakzeptabel.“
Auch Dr. Wolfram Proksch, Verfassungsjurist und Rechtsvertreter von Verfahrensparteien, erhebt schwere Vorwürfe: „Ich bin seit 20 Jahren als Rechtsanwalt tätig, aber eine derart fragwürdige Vorgehensweise habe ich noch nie erlebt. Das Verfahren ist geprägt von systematischen Rechtsverletzungen und mangelnder Transparenz.“
UVP-Verfahren untergräbt Bürgerrechte – Die Kritikpunkte am Verfahren sind zahlreich und gravierend:
1. Unzumutbare Verhandlungsbedingungen:
Verhandlungen über fünf Tage plus Reservetag, oft bis 23:00 Uhr. Kurzfristige Fristen und Ablehnung von Verlängerungen erschwerten die Beteiligung.
2. Verweigerung von Antworten:
Amtssachverständige beantworteten kritische Fragen nicht oder verwiesen an Behörden und Projektwerber. Viele Fachfragen blieben offen.
3. Fragwürdige Einstufungen:
Eine 70 Hektar große Rodung wurde nicht als solche anerkannt, der betroffene Wald nicht als schützenswert eingestuft – mit direkten Folgen für den Naturschutz.
4. Blockade der Erdkabel-Alternative:
Die Diskussion über eine mögliche Erdverkabelung wurde unterbunden, Fragen dazu nicht zugelassen.
5. Vertagung von Naturschutz-Themen:
Die Prüfung eines Vogelschutzgebiets wurde verschoben. Brutstätten geschützter Arten blieben unberücksichtigt, der zuständige Sachverständige verließ die Verhandlung frühzeitig.
6. Kurzfristige Terminänderungen:
Neue Termine wurden bewusst auf Tage gelegt, an denen Rechtsvertreter und Sachverständige verhindert waren. Das Verhandlungsprotokoll wurde verspätet bereitgestellt.
7. Einschränkung des Parteiengehörs:
Zusätzliche Verhandlungstage wurden so kurzfristig angesetzt, dass Betroffene und ihre Rechtsvertreter nicht teilnehmen konnten – ein klarer Verstoß gegen ein faires Verfahren.
Strafanzeige wegen Amtsmissbrauchs in Vorbereitung eingebracht
Die gravierenden Verfahrensmängel haben nun auch rechtliche Konsequenzen. „Politische Interessen dürfen niemals über rechtsstaatliche Grundsätze gestellt werden“, betont Dr. Wolfram Proksch. Seine Mandanten haben ihn daher beauftragt, eine Strafanzeige wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch durch die bewusste Beschneidung fundamentaler Verfahrensrechte einzubringen. „Wenn UVP-Genehmigungen die Grundlage für spätere Enteignungen bilden, ist ein rechtskonformes Verfahren von besonderer Bedeutung. Doch was wir hier erleben, zerstört das Vertrauen in den Rechtsstaat“, so Proksch weiter.
Erdkabel als Lösung – warum wird sie ignoriert?
Die Bürgerinitiativen lehnen die 110-kV-Leitung nicht grundsätzlich ab, sondern fordern eine nachhaltige und faire Lösung. Eine unabhängige Studie zeigt, dass die Leitung als Erdkabel entlang der geplanten zweiten Gasröhre (WAG-Loop) technisch und rechtlich möglich wäre. „Unser Widerstand würde sofort eingestellt, wenn die 110-kV-Leitung als Erdkabel mitverlegt wird. Doch die Landesregierung mauert und hält an der Freileitung fest – auf Kosten der betroffenen Bevölkerung“, so Rudolf Niederwimmer, Obmann der IG Landschaftsschutz Mühlviertel.